Anny<p>Nach über 4 Jahren Therapie hab ich's in der gestrigen Sitzung endlich geschafft, DEN STUHL anzusprechen.</p><p>Gemeint ist der Stuhl, auf dem ich während der Therapie sitze. Der Stuhl ist auch "nur" ein Beispiel für die Verzwicktheit in meinem Kopf.</p><p>So weit, wie gestern bin ich noch nie gegangen. Und ich habe 13 Jahre Erfahrung, was Klinikaufenhalte und Psychotherapien angeht. Ich weiß auch noch nicht, was ich davon halten soll. Ich glaube aber, dass ich stolz auf mich bin.</p><p>Trotzdem rütteln wir gerade nicht nur an meinen Zwängen. Nach über 30 Jahren sind sie auch ein Teil meiner Identität. Oder eher mit meiner Identität und meinen Idealen verschwommen. Das macht mir Angst.</p><p>Nun zum "Stuhl". Es wird verzwickt, aber ich versuche es verständlich aufzudröseln.</p><p>Meinen Ordnungszwang habe ich soweit "verbessert" oder angepasst bekommen, dass ich meine Ordnung in meinem Schlafzimmer durchziehe. Das Schlafzimmer von R. ist ganz alleine R.s Ordnung. Da habe ich nichts zu verändern. Das bringt natürlich andere Probleme mit sich. Ich kann dort auch nichts, bzw. schwer etwas verändern. Auch, wenn es 100% Müll ist und es wirklich klar für alle ist, dass es okay wäre, wenn ich ihn einfach in den Müll schmeiße.<br>Alle weiteren Räume in unserer Wohnung sind unsere Ordnung und ich kann mittlerweile oft gut damit leben, dass in diesen Räumen eine andere Ordnung herrscht. Ausserdem habe ich ja auch hier so meine Ecken, die ich mit meiner Ordnung bestücke und halte.</p><p>Auch hierbei, wie in jeder Situation, kommt es natürlich immer auch darauf an, wie stark meine Depressionen und auch die Zwänge gerade sind. Das kann sich ständig ändern.<br>Manchmal stören mich auch "schlimmere Vergehen" nicht, oft reichen aber schon "Kleinigkeiten", um enormen inneren Druck bei mir zu erzeugen und mich teilweise tagelang zu verfolgen.</p><p>Jetzt aber "der Stuhl"!<br>Mir ist natürlich bewusst, dass ich nicht die einzige Person bin, die auf diesem Stuhl sitzt. Und es ist nicht meine Ordnung. Trotzdem schnürrt es mir jedesmal die Kehle zu, wenn der Stuhl augenscheinlich verrückt wurde. Dies kann ich aber übergehen. Wenn er aber so steht, dass ich mich nicht gemütlich mit meiner Therapeutin unterhalten kann, wird's richtig unangenehm. In den ganzen Jahren habe ich es nicht einmal geschafft, den Stuhl auch nur um Millimeter zu verrücken. Im Laufe der Gespräche wird der Druck dahingehend auch weniger.</p><p>Nichtsdestotrotz (ich hab das Wort gegoogelt, es wird zusammengeschrieben!) überlege ich von Anfang an, wie ich damit umgehen kann. Wenn ich's anspreche wird sich unser Verhältnis unwiderruflich ändern.</p><p>Und jetzt kommt's:<br>Beim Gespräch habe ich's Manipulation genannt. Das passt auch immernoch so, aber gestern Abend ist mir eingefallen, was ich meine.<br>Sehen wir es uns aus einer wissenschaftlichen Perspektive an. Wenn ich's anspreche, werden wir stuhlmässig keine "natürliche" Situation mehr hinbekommen. Ich hab's angesprochen und der Stuhl ist für mich freigegeben. Wenn meine Therapeutin den Stuhl beim nächsten Treffen absichtlich verkehrt herum in eine andere Ecke stellt, habe ich 2 Optionen. Ich setze mich hin und warte, dass sie etwas sagt oder ich verrücke den Stuhl. Beides keine natürlichen Situationen. Natürlich werde ich den Stuhl verrücken.<br>1. Habe ich eh die Erlaubnis von meiner Therapeutin.<br>2. Greift, was wir gestern meine "oberste Angstregel" genannt haben. Niemand darf von außen sehen, wie's in mir aussieht.</p><p>Es ist verzwickt und ich kann nicht mehr weiterschreiben. Weiteres folgt bei Zeiten...</p><p><a href="https://lsbt.me/tags/behinderung" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>behinderung</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/zwanghaft" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>zwanghaft</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/depressionen" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>depressionen</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/zwangserkrankung" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>zwangserkrankung</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/zwangsgedanken" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>zwangsgedanken</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/DasEineReichtSchon" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>DasEineReichtSchon</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/behinderungen" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>behinderungen</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/behindernisse" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>behindernisse</span></a> <a href="https://lsbt.me/tags/zwangshandlung" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>zwangshandlung</span></a></p>